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Antisemitismus

Projekttage Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Am Donnerstag, den 20. Dezember 2018 erlebten wir Schüler*innen der MOS Nürnberg, in einer gesellschaftlichen Atmosphäre zunehmender Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und eines rechtspopulistischen Gedankenguts gemeinsam einen Projekttag zum Thema „Antisemitismus“. Gemeinsam sind wir einen Tag lang auf den Spuren einer Kultur gefolgt, über die wir recht wenig wissen, obwohl Juden seit Jahrhunderten unter uns und mit uns leben. Gerade die Region Fürth und Nürnberg habe, laut eines Beitrages im Bayerischen Rundfunk, einst als das Jerusalem Frankens gegolten.

Unser Projekttag startete offiziell um 10 Uhr mit einer Begrüßung durch die Mitglieder*innen der AG „SoR – SmC“. Das Impulsreferat von André Freud dem Geschäftsführer der Israelitischen Kultusgemeinde IKGN hat uns eine erste Einführung in das heikle Thema gegeben.

Bis zur Mittagspause konnten wir uns dann an zwei Workshops der folgenden Themen beteiligen:

  • Antisemitismus/Eigenes Wissen über Judentum/Juden –> Georg Fleischmann, Regionalbeauftragter für Demokratie und Toleranz der Staatlichen Schulberatungsstelle Mittelfranken
  • Kritische Buchbesprechung „Nathan der Weise“
  • Jüdische Traditionen (Essen, Feiertage, Feste)
  • Chanukka: Was ist das? Warum wird es gefeiert?
  • Vorurteile und Schubladendenken allgemein
  • Achtsamkeit und Sensibilisierung schaffen gegen/für Antisemitismus
  • Sitten und Bräuche
  • Ultraorthodoxe Juden
  • Erinnerung Holocaust

Die Qual der Wahl hat bereits vor Beginn des Projekttags begonnen, an welchen zwei Workshops man teilnehmen möchte.


Nach der Mittagspause wurden vier verschiedene Exkursionen angeboten, von denen wir uns eine auswählen durften. Jede Exkursionsgruppe hatte die Aufgabe ein Gruppenbild zu „schießen“ und eine kleine Zusammenfassung zu verfassen.

 

Besuch IKGN + Synagoge:
Unsere Exkursion beinhaltete den Besuch zur Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, kurz IKGN. German Djanatliew, der einzige jüdische Religionslehrer in Bayern, empfing uns herzlich und lud uns in die kleine Synagoge vor Ort ein. Die männlichen Schüler mussten ihren Kopf mit der jüdischen Kopfbedeckung, der Kippa, bedecken. Nachdem wir Platz genommen hatten, wurden wir 1,5 Stunden durch einen lebendigen interaktiven Vortrag in die Welt des jüdischen Glaubens mitgerissen. Besonders interessant war Germans unterschiedliche Betrachtungs-weise seines eigenen Glaubens. Er ist Geisteswissenschaftler und gläubiger Jude. Für ihn ist das jedoch kein Ausschlusskriterium, sondern ein selbstständiges kritisches Hinterfragen.

Besuch Jüdisches Museum Fürth:
„Berches, Holekrasch & Schmuremazzen – jüdisches Leben in Franken“ war der Titel unserer Museumsführung. Das ehemals jüdische Wohnhaus, in dem sich das Jüdische Museum Franken in Fürth befindet, ist ein idealer Lernort: Das im 17. Jahrhundert erbaute Haus ist mit einer historischen Laubhütte und einem Ritualbad im Keller ausgestattet. Mit Jüdischen Artefakten wie Chanukka Leuchtern oder Tora-Rollen begreifen Schüler die Bedeutung und Vielfalt religiöser Riten und Feste im Judentum früher und heute.

Besonderer Dank gilt dieser Gruppe die für uns Ihre Erfahrungen dort beschrieben haben:
„Wir besuchten im Zuge unserer Exkursion das jüdische Museum in Fürth. Während unserer Führung durch das Museum erfuhren wir allgemeines über die jüdische Religion, insbesondere Details über traditionelle Rituale, sowie die Geschichte der Juden in Franken beziehungsweise Fürth. Außerdem erzählte unser Guide uns einige Fakten über den Aufbau von Synagogen und die Besonderheiten, die in der Vergangenheit in Häusern mit jüdischen Bewohnern vorherrschten. Freundlicherweise bezog der Verantwortliche Aspekte des Antisemitismus mit ein, diese sind normalerweise nicht Teil der Führung durch das Museum.“

Geschichte für Alle, ein Rundgang durch Fürth
Unser Rundgang hat am Synagogen Gedenkstein in der Geleitgasse begonnen, welcher an den „Schulhof“, so wird das alte Zentrum der jüdischen Gemeinde Fürth genannt, erinnern soll.
Auch in unserer Gruppe war das Tragen einer Kopfbedeckung oder einer Kippa aus Respekt vor der jüdischen Kultur obligatorisch. Unser Besuch des jüdischen Friedhofes und des ehemaligen jüdischen Viertels mit einem Historiker, zeigte uns in beeindruckender Art und Weise, wie viele bedeutende Männer und Frauen in unserer Gegend Juden waren, die unsere Geschichte entscheidend mitbeeinflusst haben, z.B. der Verleger Leopold Ullstein, der Schriftsteller Jakob Wassermann oder der ehemalige US Außenminister Henry Kissinger sind hier zu nennen.

Kino Casablanca, gemeinsames Erleben des Nazi Propagandafilmes „Jud Süß“ mit
Diskussion und Bezug zum heutigen Antisemitismus
Die Rückmeldungen der „Jud Süß“ Exkursion war durchweg positiv gewesen. Den Schüler*innen wurde aber durch diesen Film deutlich gezeigt, wie stark die Beeinflussung des Volkes in der NS-Zeit war. Eine Schülerin der 13. Klasse empfand die gezeigten Propaganda Methoden als äußerst erschreckend.

Insgesamt ist zu sagen, dass der Tag auf den Spuren unserer jüdischen Mitbürger*innen ein Erlebnis war. Antisemitismus und die Kultur der deutschen Juden damals und heute konkret und erfahrbar für uns zu machen und das durch einen jüdischen Referenten, Workshops von Schüler*innen für Schüler*innen, Bauwerken und Geschichten sowie durch Kennenlernen der jüdischen Kultur, war und ist eine Bereicherung für uns gewesen. Geschichte begreifen, nicht nur aus Büchern und historischen Quellen, sondern durch Zeugnisse und Kulturdenkmäler. Die Notwendigkeit uns der neu aufkeimenden antisemitischen und xenophoben Hasskultur durch Aufklärung und Wissen gegen das Vergessen entgegen zu stellen und couragiert zu handeln, wurde uns in besonderer Weise deutlich gemacht.