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Die MOS, Corona und die iPads

MOS Franken iPads Corona
Smartboards aus, Schotten dicht, alle raus und Zuhause bleiben

Von jetzt auf gleich endeten die Unterrichtsstunden an der MOS für meine Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse und mich in der Ausbildungsrichtung Sozialwesen. Wo wir zuvor noch gemeinsam über Pädagogik, Psychologie und das Leben philosophiert hatten, hieß es: Smartboards aus, Schotten dicht, alle raus und Zuhause bleiben. Auf unbestimmte Zeit. Den Schülern war die Unsicherheit anzusehen, als sie aus dem Schulhaus strömten. Und ich hatte ein ungutes Gefühl dabei, sie ziehen zu lassen, so kurz vor dem Fachabitur.

In Gedanken setzte ich noch am gleichen Tag alles auf die technischen Hilfsmittel – an unserer MOS allem voran auf unsere iPads. Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen saßen wir noch lange, mit dem Mindestabstand, in der Aula und überlegten fieberhaft, wie wir im Sinne unserer MOSler weiter beschulen sollten. Es war zu diesem Zeitpunkt für mich ein Segen zu wissen, dass die Jugendlichen Zuhause von uns mit allen technischen Hilfsmitteln ausgestattet waren, die sie brauchten, um weiter zu lernen und mit uns Lehrern in Kontakt zu bleiben.

Ob ich das mit mir als Montessori-Lehrerin vereinbaren konnte, diesen ganzen Technik-Kram? Ja.

Maria Montessori gibt in ihrer pädagogischen Denke das Primat stetig der Entwicklung des ganzen Kindes, räumt aber schon zu ihren Lebzeiten den technischen Hilfsmitteln eine Möglichkeit ein, bei einer totalen Ausbildung unterstützend tätig zu sein. Diese Hilfsmittel können wir nutzen und wissen gleichzeitig, dass sie nichts daran ändern, dass wir gute PädagogenInnen sind und nach wie vor die ganzheitliche Ausbildung im Blick haben. Die Abitur-Vorbereitung konnte weitergehen und durfte auch keinesfalls stillstehen. Wir hatten gemeinsam schon so viel erreicht, da sollte Corona uns nicht ausbremsen.

Ein Programm zum  Aufnehmen und Schneiden von Videos motivierte mich dazu, eigene Lehrfilme aufzunehmen. So konnte ich meinen Abiturienten Inhalte darbieten und sie konnten selber entscheiden, ob sie sich die Videos morgens um neun oder abends um 23 Uhr ansehen wollten. Corona hat ja irgendwie auch den Tagesrhythmus bei uns allen stark verändert und entscheidend war, die jungen Menschen bei der Stange zu halten. Und da war ein manchmal bestimmt auch etwas peinliches Video der Lehrerin hilfreich, meldeten die Jugendlichen später zurück. Im Zuge dessen kam es auch beizeiten zu einem Anruf daheim, wenn man feststellte, dass ein Schüler mehrere Tage nichts von dem eingestellten Unterrichts-Material runtergeladen hatte.

„Teams“ machte Videotelefonie und so eine Form von Onlineunterricht möglich. Da gab es feste Zeiten, mit einer Einladung – hach schön, es war wie ein Stundenplan. Ein Stück Normalität in wirklich skurrilen Zeiten. Während dieser Einheiten waren die Schüler natürlich verständnisvoll, wenn ich mal 5 Minuten “AFK“ war. Denn was sie sonst nur über Erzählungen von mir kannten, erlebten sie jetzt manchmal vor ihren Bildschirmen: Ein Aua, auf das ein Pflaster musste, ein 4jähriger, der JETZT was essen musste, da er sonst eines grausamen Todes stirbt und ein Baby, das das iPad anlutschen möchte. Denn meine drei Kinder waren Zuhause und der Mann, weil systemrelevant (für mich übrigens das Unwort des Jahres 2020), jeden Tag in der Arbeit.

Die Kollegen und ich stellten online auf „OneNote“ Aufgaben zur Übung und Bearbeitung rein, die wir dann am Ende der Woche anschauten und zu denen wir den Schülerinnen und Schülern über eine Möglichkeit der Voice-Nachricht Rückmeldung geben konnten. Fragen wurden über E-Mail oder andere Plattformen geklärt und so zeitnah wie möglich beantwortet, hier und da kam es auch zu Einzelunterricht. Mit den iPads waren wir toll ausgestattet. Wer hätte gedacht, dass ich Papierkalender führende Lehrerin mich mal so schnell in diese Apps und all das einarbeite – Corona macht kreativ, erfinderisch, ein Stück weit Technik affin und mutig.

Ob ich froh bin, dass wir uns nun zumindest einmal die Woche in der Schule wieder zum Unterricht treffen? Oh ja! Miteinander arbeiten und lernen bedeutet für mich ein sich Begegnen, einander Ansehen und miteinander Interagieren. Auch wenn unsere SchülerInnen schon älter sind, so denke ich doch, dass sie uns brauchen – und zwar live und in Farbe. Mein Verständnis vom Lehrersein ist, dass ich an einer Montessori FOS Begleitung und Material in einem bin – zum Anschauen, zum Anfassen und zum Erleben, um zu lernen und sich auszutauschen über alles, was uns in unserem Fach Pädagogik/Psychologie (und auch sonst so) interessiert und bewegt. Das geht zwar gemeinsam mit den iPads als Arbeitsmaterial, aber nicht online, zumindest nicht dauerhaft. Zum Glück.

Silke Stubenrauch
Lehrerin für Pädagogik/Psychologie, Deutsch
FpA (Fachpraktische Ausbildung) im Zweig Sozialwesen